Weißbauchgirlitz

Bilder von Roland Gasteiger, Schwabach

 

Der Weißbauchgirlitz

Ochrospiza dorsostriata


von Egon und Volker Klein



Beschreibung:

Die Weißbauchgirlitze sind vielen durch die Deutschen Meisterschaften bekannt, wo sie in den letzten Jahren einige Male ausgestellt wurden. Ich nenne hier die Beschreibung von Gilbert Armani aus dem Guides des Passeraux Granivores und einige Unterschiede zum Gelbbauchgirlitz, die man bei den von uns gehaltenen Vögeln erkennen kann.

Größe: 12 bis 13 cm

Hahn:
Scheitel und oberer Teil des Nackens graugrün gestrichelt. Stirnband, Augenbrauen und Ohren leuchtend gelb. Kopfseiten und Bartzeichnung olivgrün. Rücken dunkel oliv, dunkelbraun gestrichelt. Bürzel safrangelb, Schwanz und Flügel schwarzbraun, Schwung und Steuerfedern schwefelgelb gesäumt. Von der Kehle bis zum Bauch leuchtendgelb. Bauch und Unterschwanzdecken weiß. Schnabel braun, Beine graubraun, Augen marronibraun. Die Bartzeichnung ist beim Weißbauchgirlitzhahn wesentlich stärker ausgeprägt als beim Gelbbauchgirlitz. Der ganze Vogel, besonders der Schnabel, ist beim Gelbbauch kräftiger.

Weibchen:
Die Weibchen unterscheiden sich stark vom Hahn. Kinn und Kehle sind leicht gelblich getüpfelt, der Augenring ist schwärzlich. Bart und Augen-brauen blaß gelb. Oberkörper dunkel graugrün gestrichelt. Schwung- und Steuerfedern nur blaßgelb gesäumt. Unterkörper gelbbraun. Bauch schmutzig weiß, Brust und Flanken dunkelbraun gestrichelt. Bürzel blaß gelb. Die Gelbbauchgirlitzweibchen sind auf Brust nur sehr wenig, fast gar nicht gestreift und sie haben im Gegensatz zum Weißbauchgirlitzweib-chen je nach Unterart weniger Gelb im Kleingefider.

Jungvögel:

Die frisch geschlüpften Nestlinge sind fast schwarz und haben schwarze Daunen am ganzen Körper. Flügge Weißbauchgirlitze sehen den Weibchen ähnlich, sie sind stärker gestreift als die Weibchen und besitzen noch nichtdie olivgrüne Bartzeichnung. Sie sind auch stärker gestreift und haben mehr grün im Gefieder als junge Gelbbauchgirlitze, welche als Nestlinge eine hellere Hautfarbe haben.

Vorkommen:

Kenia, Uganda, Rhodesien, Tanganijka

Lebensraum:
Tropische und äquatoriale Regionen, Uferböschungen. Trockene, offene Gebiete mit guten Versteckmöglichkeiten, dichte Gebüsche, Waldränder, Lichtungen.

Auftreten:

Paare und kleine Gruppen am Boden, im hohen Gras und im Gebüsch nahc Nahrung suchend, welche aus einer Mischung von Samen und einigen Insekten besteht.

Brut:
Weißbauchgirlitze bauen in der Natur ein napfförmiges Nest außen aus Wurzeln und Halmen, innen mit Pflanzenwolle ausgepolstert, in niedrigem Gebüsch oder halbhoch in Sträuchern.

Unterbringung:

Es ist besser, wenn man die Paare besonders während der Brutzeit einzeln hält, da die Hähne besonders gegen gleichgefärbte Vögel ( Gelbbauch- und Mozambiquegirlitz ) sehr aggressiv sind, so dass es, wenn überhaupt, zu Schiergelegen in Folge von, oft für einen der Kontra-henten tödlichen, Paarungskämpfen kommt. Deshalb haben wir die Paare einzeln in Flugkäfigen mit den Maßen 1 Meter x 1 Meter x 0,5 Meter ( BxHxT) aus weiß kunststoffbeschichteter Spanplatte  untergebracht. Die Boxen sind durch einen herausnehmbaren Zwischenboden in der Höhe teilbar, so dass man zwei Boxen erhält. Letztes Jahr haben wir versucht, in diesen kleineren Boxen zu züchten, dies ist aber unserer Ansicht nach nicht der richtige Weg. die Tiere verfetten schneller und sind wesentlich scheuer als in den höheren Boxen. Höhere Käfige  sind besser als breite, aber dafür flachere Boxen. Wenn die Vögel nach oben flüchten und über Augenhöhe des Pflegers sitzen können, sind sie viel ruhiger in ihrem Verhalten.
Die Käfige sind mit Kiefernzweigen ausgestattet, welche rechts und links in den Ecken mit Asthaltern befestigt sind.
Die Zuchtboxen der Girlitze sind mit Wellpappe ausgelegt und mit Sand ( Vogelsand/Rheinsand) ausgestreut. Bei nur einem Paar pro Box reicht hier eine 14-tägige Reinigung aus. Die Boxen befinden sich in einem gemauerten, zentralbeheizten Vogehaus. In diesem Zuchtraum züchte ich auch meine Farbkanarien in Rotschwarzmosaik. Die Temperatur beträgt im Winter 12° bis 15° C, bei 10 Stunden Licht, im Sommer je nach Außentemperatur ca. 25 °C bei 15 Stunden Licht. Die Luftfeuchtigkeit wird im Sommer mittels eines Zimmerspringbrunnens auf ca. 55 - 60 % gehalten. Belüftet wird der Raum von einem Ventilator und im Sommer zusätzlich durch die offen stehendeEingangstüre. Der Raum wird von zwei Tageslichtröhren True-Light-Powerwist, die von einer Schaltuhr gesteuert werden beleuchtet. Nachts brennt eine 15 Watt Birne als Nachtlicht.

Futter:


Wir haben im Laufe von drei Jahren mehrere Futtermischungen für Rübsengirlitze als Grundfutter ausprobiert. Immer blieben mehr oder weniger große Mengen sehr kleiner Sämereien (meist Klee ) übrig, die dann auf dem Müll landeten. Da solche Spezialmischungen nicht billig sind, war dies nicht einzusehen, aus diesem Grund mischen wir dieses Zuchtjahr die Futtermischung  für unsere Cardueliden selbst. Sie besteht bei den Weißbauchgirlitzen aus:
5000 g Waldvogelfutter " Auslese" der Fa. Hungenberg, Neuss, hierin sind bereits fast alle Sämereien zu finden, welche die Vögel brauchen, dieses Futter ist von bester Qualität, immer frisch, gut keimfähig und gut gelagert.
125 g Dari, 125 kleinkörniger Fichtensamen, hiervon muß man frischen bekommen, alte Saat ist trocken und hart, so dass die Girlitze sie nicht enthülsen können. 125 g keimfähiger Chicoreesamen, 250 g keimfähige Negersaat, 200 g Perilla weiß oder braun als Rübsenersatz.
Daneben reichen wir das ganze Jahr über gelbe und rote französische Kolbenhirse. Außerhalb der Brutzeit  bekommen meine Weißbauchgirlitze zweimal pro Woche einige Buffalowürmer ( Getreideschimmelkäferlarven), ebenfalls zweimal pro Woche etwas Keimfutter ( 1 Teil Negersaat, 1 Teil Chicoree, 1 Teil weißen Salatsamen und 1 Teil schwarzen Salatsamen ) Grünzeug bekommen meine Girlitze im Winter sehr wenig, da wir nichts Gekauftes ( Salat, Chicoree ) verfüttern. Es gibt nur Grünzeug, wenn es im Grten oder in Feld und Wald zu bekommen ist. Englischer Vogelgrit vermischt mit Papageiensand als Magensteine, aber ohne Kohle, steht den Vögeln ständig in einem seperten Napf zur freien Aufnahme zur Ver-fügung. Ganzjährig gibt es einmal pro Woche Pro-Vit- ein Multivitamin- und Elektrolytpräperat ( Multielektrolyt von Pfrimmer ) über das Trink-wasser, sonst wird dem Trinkwasser nichts beigemischt, es wird auch zum Teil direkt aus der Leitung gegeben.

Zucht:


Wir haben in diesem Jahr zwei Paar Weißbauchgirlitz zur Zucht ange-setzt. Ein Paar haben wir schon zwei Jahre und es hat im letzten Jahr bereits drei Jungvögel in zwei Bruten auf die Stange gebracht ( alles Weibchen ). Das zweite Paar besteht aus einem Wildfangweibchen, welches wir schon zwei Jahre besitzen und einem Nachzuchthahn aus dem Zuchtjahr 1990.
Vorbereitung zur Zucht und das Sieht bei uns wie folgt aus.
Als erstes wird von allen Tieren eine Sammelprobe und von drei bis vier Tieren vom Tierarzt ( Dr. Erdös,Köln ) ein  Kropfabstrich genommen. Die Beleuchtungsdauer und die Temperatur werden im Abstand von zwei bis drei Tagen langsam erhöht. Die Gaben an Keim- und Lebendfutter werden ständig gesteigert, so dass die Tiere bald zehn bis 15 Buffalowürmer pro Paar  und Tag bekommen, diese sind nach unserer Erfahrung besser verdaulich und versuchen auch keine Gelenkschäden wie die Mehl-würmer. Die Würmer werden leicht angefeuchtet und mit Korvimin ZVT (ein Multivitamin-, Mineralstoff-, Spurenelemente-, Aminosäurenpräperat ) bestäubt. Jetzt wird auch noch EMP und ANIMALCARD ( Fa. Hungen-berg )  gefüttert. Wir geben jetzt innerhalb von drei Wochen ein Vitamin E-Präperat zweimal jeweils 5 Tage hintereinander über das Trinkwasser, danach wird wieder nur einmal wöchentlich Pro-Vit gegeben. Die Temperatur beträgt Anfang März ca. 20° C, die Lichtdauer 14 Stunden und die Luftfeuchtigkeit ca. 55 - 60%. Unter diesen Umständen liegen dann Mitte März die ersten Eier in den Nestern. Diese werden schon Mitte Februar bei der Grundreinigung und Ausgestaltung der Käfige eingehängt. Meist ein bis zwei Draht- oder Holzkaisernester pro Paar. Fast immer werden die Nester, die vorne am Vorsatzgitter angebracht sind, von den Weißbauchgirlitzweibchen zum Nestbau ausgewählt. Erst wenn die Hähne mit dem Balzspiel beginnen und voll durchsingen, wird Nistmaterial ( Kokosfaser u. Scharpie ) gegeben. Wenn man nach unserer Erfahrung vor diesem Zeitpunkt genügend Nistmaterial reicht, legt das Weibchen die ersten Eier, bevor der Hahn richtig brutreif ist ( Schiergelege ). Bei den Hähnen dauert es genau wie bei den Kanarien anscheinend etwas länger, um in Brutstimmung zu kommen und befrucht-ungsfähig zu sein. Weißbauchgirlitze legen im Abstand von einem Ab-stand drei bis vier hellblaue Eier, die am stumpfen Pol wenig braun ge-sprenkelt sind. Die Brutzeit beträgt 13 Tage, meist wird ab dem vorletzten Ei gebrütet. Während dieser Zeit bekommen die Weißbauchgirlitze neben der Körnermischung kein Keimfutter, keine Vitamine und sehr wenig Lebend- und Aufzuchtfutter. Schränkt man hier nicht stark ein, werden die Hähne zu triebig, treiben dann das Weibchen vor dem Schlupf vom Gelege oder töten die frisch geschlüpften Jungen, was allerdings auch in zu kleinen Zuchtkäfigen passieren kann. Wenn die Jungen geschlüpft sind, wird alles im Überfluß gereicht. Der Züchter muß jetzt viel experimentieren, um zu sehen, was die Alttiere am Besten an die Jungen verfüttern. Weißbauchgirlitze sind in Ihrem Aufzuchtfutter sehr wählerisch. Sie erhalten jetzt Keimfutter, Buffalowürmer, gemahlene geschälte Sonnenblumenkerne, EMP, ANIMALCARD und wenn vorhanden halbreife Sämereien aus der Natur. Die Futteraufnahme meiner beiden Paare ist sehr unterschiedlich. Paar 1 füttert kaum Keimfutter, dafür umso mehr süße Äpfel, bei Paar 2 ist es genau umgekehrt. Paar 1 nimmt sehr viele Buffalowürmer ( bis zu 40 Stück pro tag ), während Paar 2 mehr ANIMALCARD an seine Jungen verfüttert.

Zuchtverlauf Paar 1:


Das Weibchen legte am 4 März 1992 das erste von drei Eiern. Weil ich im vorigen Jahr mit dem Hahn schlechte Erfahrungen gemacht hatte, habe ich ihn in diesem Jahr nach der Eiablage aus dem Käfig genommen und in einem Farbkanarienkäfig ohne Rückwand ans Vorsatzgitter ge-hängt. Am 18. März sind drei Junge geschlüpft, die am 7. Tag mit 3.0 mm Ringen beringt wurden.Der Beschluß der Fachtagung in  Mainz, dass Weißbauchgirlitze ab dem Zuchtjahr 93 mit 2,7 mm Ringen beringt werden müssen, ist meiner Meinung nach zu begrüßen, denn einige wenige Vögel haben so dünne Ständer, dass man 3,0 mm Ringe wahrscheinlich ab-ziehen kann, was bei meiner Nachzucht noch nicht vorgekommen ist. Am 4. April flogen die drei Jungen im Alter von 19 Tagen aus. Sie wurden vom Weibchen noch 10 Tage gefüttert, danach haben wir sie aus dem Käfig genommen, weil das Weibchen im Nestkörbchen der ersten Brut wieder bauen wollte. Am 18. April lag das erste von vier Eiern der zweiten Brut im Nest. Diesmal habe ich den Hahn nicht aus dem Käfig genommen, um zu sehen was er macht, denn er hatte die flüggen Jungvögel der ersten Brut durch die Gitterstäbe gefüttert. Leider hat er, nachdem er die drei Jungen fünf Tage lang vorbildlich versorgt hatte, alle drei innerhalb von wenigen Stunden getötet und aus dem Nest geworfen. Nach einer längeren Pause, bedingt durch eine Unpäßlichkeit des Hahnes, baute das Weibchen ab dem 22. Juni wieder. Am 29. Juni legte es das erste von drei Eiern, die alle befruchtet waren. Am 17. Juli schlüpften drei Jungvögel, die aber diesmal überhaupt nicht gefüttert wurden. Genau wie im letzten Jahr bei der 3. Brut saß das Weibchen so fest auf dem Nest, dass es die Jungen nicht fütterte. Wir legten die drei Jungen bei einem Fife-Weibchen unter, in der Hoffnung, es würde sie aufziehen, doch leider gingen die Jungen im Laufe der nächsten Tage in Folge schlechter Fütterung ein. Danach wurden die Nester, das Nistmaterial und die Kiefernzweige entfernt, eben-falls wurde das tierische Eiweiß und das Keimfutter langsam abgesetzt. Aufzuchtfutter: süßer Apfel, Buffalowürmer, Negersaat und halbreife Samen.
Paar 2 begann erst spät mit der Zucht, da ich den Hahn erst Anfang April bekommen hatte. Am 15. Mai hat das Weibchen das erste von vier Eiern gelegt, die aber leider unbefruchtet waren. ich habe das Weibchen bis zum 3. Juni auf den unbefruchteten Eiern sitzen lassen, um es nicht aus dem Brutrythmus zu bringen. Am 10. Juni begann der Hahn heftig zu singen und zu treiben, das Weibchen baute innerhalb von zwei Tagen in einem mit Kunststoffefeu verkleideten Holkaisernest, diesmal in der Rückwand des Käfigs, sein Nest. Am 15. Juni legte es das erste Ei der 2. Brut, woraus am 28. Juni zwei Junge schlüpften ( ein Ei war abgestorben ), welche am 4. Juli beringt wurden. Sie blieben trotz guter Entwicklung bis zum 21. Juli im Nest.

Aufzuchtfutter: Keimfutter, EMP, ANIMALCARD, gemahlene geschälte  Sonnenblumenkerne.

Schluß:


Trotz der guten Züchtbarkeit des Weißbauchgirlitzes wird er noch relativ selten nachgezüchtet. Ob es daran liegt, dass man in letzter Zeit sehr billig aus Importen kaufen konnte? Man sollte ihn trotzdem in verstärktem Maße, wie auch alle anderen Girlitze  züchten. Da jetzt neben den bekannten Importproblemen auch noch Exportprobleme in Südafrika auf uns zu kommen, wird es schwieriger für uns werden, Wildfänge zu bekommen. Das Interesse an Nachzuchttieren ist noch nicht sehr groß, dass sollte uns aber nicht davon abhalten, reine Zuchtstämme aufzubauen und unsere Zuchterfahrungen auszutauschen, so dass wir den Weißbauch-girlitz in Züchterhand erhalten können. Wir hoffen, wir haben mit unserem Bericht etwas zum Erfahrungsaustausch beigetragen. Bei anderen Züchtern ist die Zucht vielleicht anders verlaufen, oder sie haben andere Erfahrungen gemacht. Wenn dies der Fall ist, sollten sie es in einem kleinen Zuchtbericht zusammenfassen und veröffentlichen, davon werden ALLE profitieren.